zur totenklage des gilgameš um enkidu

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1^4 H. Zimmern Wir begegnen also hier einer Vorstellung von sieben Weisen, die auf sieben der ältesten Städte Babyloniens, Ur, Nippur, Eridu, Kullab, KfcS, LagaS, Suruppak, verteilt erscheinen. Und zwar handelt es sich dabei wohl um dieselben Weisen, die anderwärts l als «die alten vorsintflutlichen Weisen» (apkalle labtrüti /am abilbt) bezeichnet werden, mithin um mythische, sagenhafte Gestalten. Einige weitere naheliegen de Vermutungen über einen etwaigen Zusammenhang dieser babylonischen (vor- sintflutlichen) Weisen mit den vorsintflutlichen Urkönigen bzw. den von Berosus neben ihnen aufgeführten Ofifenbarungsver- kündern, habe ich bereits 3 537f. ausgesprochen. Auch hatte ich ebenda S. 536 schon mit der Möglichkeit gerechnet, daß die eine Überlieferung bei Berosus vielleicht eine ursprüng- liche Siebenzahl von Ofifenbarungsverkündern durchschimmern lasse 2 . Aus den neuen wichtigen Funden Langdons über die babylonischen Urkönige ist dagegen, soviel ich sehe, gerade für diese Frage der (sieben) vorsintflutlichen Weisen nichts zu ent- nehmen, außer etwa, daß unter den dort genannten fünf bis sechs Städten auch gerade Eridu und Suruppak sich befinden. Ob und in welcher Weise zwischen der babylonischen Vorstellung von sieben auf sieben Städte verteilten Weisen der Vorzeit und der griechischen Überlieferung von sieben, gleichfalls auf sieben Städte verteilten Weisen etwa ein Zu- sammenhang besteht, das festzustellen mag der Zukunft über- lassen bleiben. Zur Totenklage des Qilgames um Enkidu. Von H. Zimmern. Gelegentlich einer mir für einige Zeit ermöglichten Durch- sicht von Delitzsch's stark beschriebenem Handexemplar von 1) In der Unterschrift der bisher wohl noch nicht veröffentlichten Tafel K. 4023, einem Exemplar von Taf. der Serie enuma amelu mitkhisu isätu i4ksl\ s. bereits 3 537. 2 ) Vg 1 - jetzt für die betreffenden Textstellen die Tesämonia bei Schnabel, Berossos 261 ff. Brought to you by | Penn State - The Pennsylvania Authenticated | 128.118.88.243 Download Date | 8/19/12 8:37 PM

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Page 1: Zur Totenklage des Gilgameš um Enkidu

1^4 H. Zimmern

Wir begegnen also hier einer Vorstellung von siebenWeisen, die auf sieben der ältesten Städte Babyloniens, Ur,Nippur, Eridu, Kullab, KfcS, LagaS, Suruppak, verteilt erscheinen.Und zwar handelt es sich dabei wohl um dieselben Weisen,die anderwärtsl als «die alten vorsintflutlichen Weisen» (apkallelabtrüti /am abilbt) bezeichnet werden, mithin um mythische,sagenhafte Gestalten. Einige weitere naheliegen de Vermutungenüber einen etwaigen Zusammenhang dieser babylonischen (vor-sintflutlichen) Weisen mit den vorsintflutlichen Urkönigen bzw.den von Berosus neben ihnen aufgeführten Ofifenbarungsver-kündern, habe ich bereits 3 537f. ausgesprochen. Auchhatte ich ebenda S. 536 schon mit der Möglichkeit gerechnet,daß die eine Überlieferung bei Berosus vielleicht eine ursprüng-liche Siebenzahl von Ofifenbarungsverkündern durchschimmernlasse2. Aus den neuen wichtigen Funden Langdons über diebabylonischen Urkönige ist dagegen, soviel ich sehe, gerade fürdiese Frage der (sieben) vorsintflutlichen Weisen nichts zu ent-nehmen, außer etwa, daß unter den dort genannten fünf bissechs Städten auch gerade Eridu und Suruppak sich befinden.

Ob und in welcher Weise zwischen der babylonischenVorstellung von sieben auf sieben Städte verteilten Weisender Vorzeit und der griechischen Überlieferung von sieben,gleichfalls auf sieben Städte verteilten Weisen etwa ein Zu-sammenhang besteht, das festzustellen mag der Zukunft über-lassen bleiben.

Zur Totenklage des Qilgames um Enkidu.Von H. Zimmern.

Gelegentlich einer mir für einige Zeit ermöglichten Durch-sicht von Delitzsch's stark beschriebenem Handexemplar von

1) In der Unterschrift der bisher wohl noch nicht veröffentlichten TafelK. 4023, einem Exemplar von Taf. der Serie enuma amelu mitkhisu isätui4ksl\ s. bereits 3 537.

2) Vg1- jetzt für die betreffenden Textstellen die Tesämonia bei Schnabel,Berossos 261 ff.

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Page 2: Zur Totenklage des Gilgameš um Enkidu

Zur Totenklage des GilgarneS um Enkidu. 155

Haupt's Babyl. Nimrodepos konnte ich feststellen, daß Delitzschbei seiner offenbar sehr eindringenden Beschäftigung mit diesemLiteraturstück im einzelnen allerlei gesehen hat, das auch nebender so erschöpfenden Behandlung des Epos durch Jensen undneuerdings auch durch Ungnad doch recht beachtenswertbleibt. So hat — um hier nur eine einzelne Probe zu geben —Delitzsch richtig gesehen, daß in der auf der VIII. und X. Tafelwiederholt begegnenden Totenklage des Gilgames um seinenverstorbenen Freund Enkidu die mit ne$e «Löwen» endigendeZeile noch nicht zu dem zweiten, wieder neu mit ebri «meinFreund» anhebenden Teil der Totenklage gehört — es wäreja auch etwas sonderbar, wenn dieser gerade mit der Betonungdes gemeinsamen Löwentötens einsetzte l — , sondern, wieübrigens auch Ungnad mit Recht annimmt, noch zur vorher-gehenden Schilderung der gemeinsamen Abenteuer, wo dem-nach entsprechend dem vorhergehenden «die wir den Bergbestiegen* (ritlüSadä) J, «den Himmelsstier töteten» (alä ninäru),den Humbaba erschlugen (mrtalpitu Ijumbaba], als ein letztesAbenteuer, wenigstens an dieser Stelle2, hinzugefügt war «[inden Pässen des Gebirges] Löwen töteten» ([ina neribeti lade

Demnach ist nun dieser zweite Teil, die eigentliche Toten-klage, mit Delitzsch, im engsten Anschluß an die im Wortlauthier noch etwas ausführlichere altbabylonische Version, ab-weichend von Jensen und z. T. auch von Ungnad folgender-maßen herzustellen:

eb-ri [sä arammu dannii : itti-ja ittallaK\u ka-lu mar-sa-a-tidEn-ki-ä\ü Sa arammu danniS : itti-ja itt]allakti* KI- M IN 5

1) Der Anfang der Zeile ist mit Delitzsch wohl herzustellen zu: iamam-ma l\a *\-du»ma.

2) An ändern Stellen, an denen die gleiche Abenteuerschilderung in etwasanderem Zusammenhange erscheint, fehlt dagegen diese Zeile mit der Löwen-tötung entweder ganz, so Tafel VIII Kol. II od. III, oder sie erscheint zwischendem Humbaba- Abenteuer und der Tötung des Himmelsstiers, so ebenda Kol. V 5.

3) Das von Jensen ergänzte [id-d]u-ku wäre ja auch formell kaum zulässig.4) Geschr. D]u-DU->bf.-5) Nämlich, dies auch gegen Ungnad, nur ka-lu mar-fa-a-ti^ wie auch

die altbabylonische Rezension lehrt.

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Page 3: Zur Totenklage des Gilgameš um Enkidu

jr(5 U. Zimmern, Zur Totenklage des Cilgamel Enkidu.

ik"iu-u[d *-wa a-na H~ma-at a-me-lu-fim : 6 ur-ri u tnu-$a-(i\eli-$u ab-ki

\ul ad-di-in-lu a-na k\i-bi-ria-di* [tu-ul-tu im-qu-ta i-na ap-p}i*-$ua-du[r-ma] mu-ta afi-l[a-afy~ma a-rap~pu-ud\ sera

Mein Freund, den ich gar sehr liebe, der mit mir alle Mühsaieerduldete,

Enkidu, den. ich gar sehr Hebe, der mit mir alle Mühsaieerduldete,

der ist nun zum Geschick der Menschheit gelangtSechs Tage und Nächte weinte ich über ihn,

ließ nicht zu ihn zu begraben,bis daß Würmer4 in seine Nase eindrangen.

Da graute mir, aus Furcht vor dem Tode jage ich nun durchdie Steppe hin.

(Das Folgende dann weiter wie bei Jensen und Ungnad.)Im Anschluß hieran sei auch noch bemerkt, daß die Worte

«Panther des Feldes> (Taf. X Kol. V 6), die Jensen, und ihmfolgend Ungnad, als ein Epitheton des Enkidu fassen möchte,was aber an sich doch schon recht seltsam wäre, gleichfallsmit Delitzsch gewiß nicht so verstanden werden dürfen, son-dern ebenfalls sich auf ein, und zwar das erstgenannte dergemeinsamen Abenteuer beziehen. Auch hier wird also vornimm Sa seri ein Verbum in der l; Plur. Praet gestandenhaben: die wir töteten, jagten o. ä. den Panther (kollektiv)des Feldes. Danach möchte ich nun auch annehmen, daß inder Parallelstelle Taf. VIII Kol. II od. III lo die bei HauptS. 86 gegebenen Spuren zwar nicht zu nim-ru sä seri, aber zuciR.TURpi (d. i. nimm*1) Sa seri zu vervollständigen bzw. zukorrigieren sind.

1) Altbabyl. statt dessen illik-ma.2) So deutlich, nicht a-ki, nach dem Faksimile auch das altbabylonische

Meißnersche Fragment!3) Das Ende des wagerechten Keils von pl ist in Tafel X Kol. V 16 (bei

Haupt 8.71) noch erhalten I4) Vgl. dazu Shakespeare, Hamlet, Akt 4, Sz. 3.

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